Baurecht

„Schlüsselfertig“, „komplett“ oder „je nach Erfordernis“ – Klauseln, die dem Bauherrn jedes Risiko abnehmen?

Die Verwendung funktionaler Elemente in Leistungsbeschreibungen ist üblich. Begriffe wie „schlüsselfertig“, „komplett“, „je nach Erfordernis“ und andere sind Indiz für den funktionalen Charakter. Mit diesen Begriffen wird regelmäßig zum Ausdruck gebracht, daß es Sache des Auftragnehmers ist, auf der Grundlage der dem Auftrag zugrundeliegenden Planung die für eine funktionierende und zweckentsprechende Technik notwendigen Einzelheiten zu ermitteln.

Die oben genannten Begriffe werden häufig durch eine funktionale Leistungsbeschreibung ergänzt, die dazu dient, den geschuldeten Leistungsumfang im Detail festzulegen. Nicht selten heißt es dann in den Verträgen, daß der Auftragnehmer verpflichtet ist, die Leistungen nach den Bestimmungen des Vertrages und seiner Anlagen „schlüsselfertig, mangelfrei, gebrauchsfertig und funktionsgerecht“ herzustellen. Gebräuchlich ist auch die Beschreibung, wonach „die schlüsselfertige Leistung alle Leistungen umfaßt, die erforderlich sind, das Bauvorhaben bezugs- und funktionsfähig … zu erstellen, d.h., daß es zu dem noch zu vereinbarenden Zeitpunkt uneingeschränkt genutzt werden kann. Dies gilt auch, wenn die Beschreibung bzw. die übergebenen Unterlagen Lücken oder Differenzen aufweisen.“

In solchen Fällen ist die vom Auftragnehmer zu erbringende „schlüsselfertige Leistung“ somit als umfassende Leistung zu verstehen, die sämtliche in der funktionalen Leistungsbeschreibung enthaltenen Vorgaben umfaßt, auch wenn nicht explizit ausgeführt ist, daß der Auftragnehmer bestimmte Arbeiten auszuführen hat.

Die Grenze der sich hieraus ergebenden Leistungspflicht des Auftragnehmers verläuft regelmäßig dort, wo die vom Auftragnehmer geforderte bestimmte Leistung für diesen nicht mehr vorhersehbar ist, weil sie z.B. darauf beruht, daß der Auftraggeber die Vertragsgrundlagen geändert hat, d.h. insbesondere die dem Vertrag zugrundeliegende Planung ändert. Denn der Auftragnehmer muß die Änderung von dem Vertragsschluß zugrundeliegenden Plänen nicht vorhersehen und einkalkulieren. Beruht die Ausführung bestimmter zusätzlicher Leistungen auf einer solchen Planänderung des Auftraggebers, entsteht zugunsten des Auftragnehmers ein Anspruch auf Mehrvergütung.

Unterhalb dieser Grenze ist der Auftragnehmer allerdings regelmäßig verpflichtet, auch solche Leistungen zu erbringen, die von den in der funktionalen Leistungsbeschreibung enthaltenen Vorgaben umfaßt sind auch wenn nicht explizit ausgeführt ist, daß der Auftragnehmer bestimmte Arbeiten auszuführen hat.

(Vgl. BGH, Urteil vom 13.03.2008, Az.: VII ZR 194/06 sowie OLG Schleswig, Urteil vom 21.12.2011, Az.: 9 U 16/05).