Baurecht

Abnahme durch Ingebrauchnahme oder durch den Architekten des Bauherrn

Im Werk- und Bauvertragsrecht kommt der Abnahme eine entscheidende Bedeutung zu. Denn mit der Abnahme des Gewerks wird die Vergütung zur Zahlung fällig, es beginnt die Gewährleistungsfrist zu laufen und die Beweislast für Mängel des Gewerks kehrt sich um. Der Bauherr ist zur Abnahme verpflichtet, wenn das Gewerk vertragsgemäß hergestellt ist, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist. Wegen unwesentlicher Mängel darf die Abnahme nicht verweigert werden.

Die Abnahme kann in vielfacher Gestalt erfolgen. Neben einer ausdrücklichen Abnahmeerklärung aus Anlaß einer gemeinsamen Besichtigung oder Begehung des Bauwerks kann sie auch durch schlüssiges Verhalten, wie z. B. die Ingebrauchnahme des Gewerks erfolgen. Gleichfalls muß die Abnahme nicht durch den Bauherrn in Person erklärt werden. Sie kann auch durch einen bevollmächtigten Architekten herbeigeführt werden. Weitere Formen der Abnahme sind detailliert in den allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B) geregelt. Sie sind anzuwenden, wenn in dem Werk- oder Bauvertrag die VOB/B wirksam einbezogen ist.

Immer wieder berufen sich Auftragnehmer auf eine Abnahme durch Ingebrauchnahme seitens des Bauherrn, der wiederum häufig gar nicht anders kann, als das Gewerk zu benutzen. Häufigstes Beispiel ist, daß die Mietwohnung des Bauherrn gekündigt ist und der Einzug zwingend erfolgen muß. Eine fiktive Abnahme durch Ingebrauchnahme kommt jedoch dann nicht in Betracht, wenn der Bauherr die Abnahme möglichst schriftlich zuvor abgelehnt hat. Sie ist zudem ausgeschlossen, wenn die Leistung des Auftragnehmers erkennbar grobe Mängel aufweist oder die Benutzung lediglich aufgrund einer Zwangslage erfolgt. Ebenso ist eine Abnahme ausgeschlossen, wenn vor der Ingebrauchnahme fortlaufend Mängel gerügt wurden und Mängelbeseitigungsmaßnahmen durchgeführt worden sind. Ein Architekt ist mangels besonderer Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien nicht zur rechtsgeschäftlichen Abnahme der Werkleistung bevollmächtigt. Schließlich kann auch aus geleisteten Abschlagszahlungen nicht auf eine Abnahme geschlossen werden.

(vgl. OLG München, Urteil vom 23.05.2012, AZ.: 27 U 3427/12 sowie BGH, Beschluß vom 01.07.2013, AZ.: VII ZR 185/12)